
Der Darm dient nicht nur der Verdauung, er ist gleichzeitig das Bollwerk unserer Immunabwehr: 70 % der Immunabwehr findet im Darm statt. Mit Hilfe von Darmbakterien, speziellen Oberflächenstrukturen, Schleim produzierende Drüsen und tief in der Darmwand liegenden Immunzellen werden im Darm die meisten Krankheitserreger und Giftstoffe abgewehrt, bevor sie durch die Darmwand in den Körper eindringen können.
AUFBAU UND FUNKTION DES DARMS
Der Darm besteht aus zwei wesentlichen Hauptbestandteilen: dem Dünndarm und dem Dickdarm.
Der Dünndarm
Der Dünndarm ist 2 bis 3 Meter lang und schließt mit seinen vielen Schlingen direkt an den Magen an. Der Dünndarm hat die Aufgabe, die durch Speichel und Magensäfte vorverdaute Nahrung weiter zu verdauen: Mikroorganismen zerlegen Eiweiß in Aminosäuren, Kohlenhydrate in Einfachzucker und Fette in Glycerin und Fettsäuren. Die verwertbaren Makro- und Mikronährstoffe gelangen über die Darmschleimhaut ins Blut und stehen damit den Körperzellen zur Verfügung.
In der Wand des Dünndarms werden außerdem verschiedene Hormone hergestellt. Eines davon signalisiert dem Gehirn, dass wir satt sind.
Im Dünndarm erfolgt bereits eine erste Immunantwort auf eindringende Erreger: Krankheitserreger, die der Magensäure widerstehen konnten, werden von spezialisierten Zellen in der Dünndarmschleimhaut direkt bekämpft: Paneth-Zellen wehren Erreger zum Beispiel direkt mit antimikrobiell wirksamen Substanzen ab. M-Zellen hingegen nehmen die pathogenen Mikroorganismen auf und transportieren sie zu speziellen Abwehrzellen.
Der Dickdarm
Nichtverdaute Nahrungsreste werden in den ca. 1 m bis 1,5 m langen Dickdarm überführt, durch Wasserentzug eingedickt, für die Entleerung gesammelt und durch Muskelkontraktion zum After transportiert.
Im Dickdarm passiert aber noch viel mehr: Dieser Teil des Darms ist für die Immunabwehr noch wichtiger als der Dünndarm. In den Schleimhäuten des Dickdarms tummeln sich die Darmbakterien besonders dicht, die das Immunsystem unterstützen und steuern.
In der Schleimhaut des Dickdarms befinden sich ebenfalls die weißen Blutkörperchen (Lymphozyten), die durch die Bildung von Antikörpern Viren, Bakterien & Co. beseitigen. Über die Lymphbahnen werden bei Bedarf von hier aus bestimmte Botenstoffe (Zytokine) geschickt, um weitere Immunzellen in anderen Bereichen des Körpers zu aktivieren.
DAS MENSCHLICHE MIKROBIOM
Wie bereits beschrieben, spielen diverse Mikroorganismen, insbesondere Bakterien, eine wichtige Rolle bei der Verdauung und der Immunabwehr. Grund genug uns das sogenannte Mikrobiom einmal näher anzuschauen.
Das humane Mikrobiom (auch Mikrobiota) umfasst die Gesamtheit aller Mikroorganismen (Bakterien, Archaeen, Viren, Pilze und Protozoen), die einen Menschen besiedeln.
Der Großteil der Mikroorganismen befindet sich im Darm und auf der Haut, aber auch der Mund- und Nasenrachenraum sowie die Lunge und der Urogenitaltrakt sind besiedelt. Man spricht auch von der Darm- oder Hautflora.
Die Zusammensetzung des Mikrobioms ist bei jedem Menschen einzigartig. Dabei machen Bakterien den Großteil aus. Es wird heutzutage vermutet, dass 500 bis 1.000 verschiedene Bakterienarten gleichzeitig im und auf dem Menschen leben.
Die nützlichen Bakterien synthetisieren Vitamine und neutralisieren giftige Substanzen. Sie bauen Kohlenhydrate und Ballaststoffe ab und produzieren kurzkettige Fettsäuren. Damit stabilisieren sie die Darmbarriere, regulieren das Immunsystem und helfen somit Krankheiterreger abzuwehren. Schädliche Bakterien fördern hingegen Entzündungen, setzen Toxine frei und bauen für den Körper wichtige Proteine ab.
Die Ernährung, vor allem die Art und Menge an Ballaststoffen, prägt die Zusammensetzung der Bakterien. Selbst kurzfristige Ernährungsumstellungen verändern die Darmmikrobiota schnell, aber reversibel. So kann eine vielseitige, pflanzenreiche Ernährung die Vermehrung nützlicher Bakterien fördern, während eine fleisch- und zuckerreiche Ernährung eher dazu führt, dass sich schädliche Bakterien wohl fühlen.
Fast alle Medikamente können das Mikrobiom verändern. Insbesondere Antibiotika haben einen erheblichen Einfluss auf unser inneres Mikrobiom. Sie hemmen den Stoffwechsel von Mikroorganismen und unterbinden so deren Vermehrung oder ihr Weiterleben. Aus diesem Grund wird häufig von der Einnahme von Antibiotika abgeraten, wenn es nicht dringend notwendig ist.
Weitere Einflussfaktoren neben der Ernährung sind Genetik, Alter, Medikamente, Lebensstil und Schlaf-Wach-Rhythmus.
Probiotika und ihre positive Wirkung
Probiotika sind lebende Mikroorganismen, hauptsächlich Bakterien, die einen positiven Einfluss auf die Darmflora haben. Sie aktivieren die Immunreaktionen im gesamten Körper und können so verschiedene Krankheiten vorbeugen oder lindern, z.B. Verdauungsprobleme, Reizdarmsyndrom, Infekte und auch Allergien.
Darüber hinaus stehen die folgenden Erkrankungen mit einer Störung des Mikrobioms im Zusammenhang:
- Adipositas (Fettleibigkeit)
- Diabetes mellitus Typ 2
- chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Autoimmunerkrankungen: z.B. Diabetes mellitus Typ 1, rheumatoide Arthritis, multiple Sklerose
- atopische Erkrankungen: z.B. Atopische Dermatitis, Nahrungsmittelallergien, Asthma bronchiale, allergische Rhinitis
- neurologische und psychische Krankheiten: z.B. Autismus, Morbus Alzheimer, Morbus Parkinson
- Psoriasis (Schuppenflechte)
Bisher ist allerdings noch nicht genau geklärt, ob die mit den Krankheiten verbundenen Veränderungen des Mikrobioms ursächlich für die Erkrankung sind oder lediglich als Begleiterscheinungen der Krankheit klassifiziert werden können. Dieser mögliche kausale Zusammenhang ist zur Zeit Gegenstand diverser Studien.
Probiotika befinden sich vor allem in fermentierten Nahrungsmitteln wie Sauerkraut, Miso, Kimchi oder ähnlichen Produkten. Auch andere milchsauer vergorene Lebensmittel wie Kefir, Buttermilch, Joghurt oder milchsauer eingelegtes Gemüse enthalten hochwertige probiotisch wirksame Mikroorganismen.
Fermentierte oder milchsauer vergorene Lebensmittel müssen allerdings roh verzehrt werden, andernfalls sterben die nützlichen Mikroorganismen.
Eine kleine Anleitung zum Fermentieren findest Du hier. >>>
Präbiotika als Nahrungsquelle für Probiotika
Neben Probiotika haben auch Präbiotika eine gesundheitsfördernde Wirkung auf den Darm. Anders als bei Probiotika handelt es sich bei ihnen aber nicht um Mikroorganismen, sondern um spezielle Ballaststoffe, die vom Körper nicht verdaut werden. Zu ihnen gehören Pflanzeninhaltsstoffe wie Inulin und Oligofruktose. Manche der "guten" Bakterien im Dickdarm stürzen sich geradezu auf die Präbiotika, verwerten sie bevorzugt und können sich dadurch vermehren. Präbiotika sind also die Nahrung der Probiotika.
Präbiotika sind zum Beispiel in Chicorée, Topinambur, Zwiebeln, Knoblauch, Schwarzwurzeln, Artischocken und Bananen enthalten.
Damit Präbiotika wirken können, ist laut Studien allerdings eine Menge von etwa fünf Gramm pro Tag notwendig. Das bedeutet für den Speiseplan: mehrere Portionen Gemüse - etwa als Salat, Beilage, im Curry/Eintopf, als Suppe oder als Snack für zwischendurch.
QUELLEN
https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=1&nid=104340&s=mikrobiom
https://www.dge.de/presse/pm/ernaehrung-und-mikrobiom-spannende-einblicke-in-die-forschung/
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/?term=wu+gd